Samstag, 23. November 2013

Geschichten I

Ich habe Lungenkrebs“ Schweigen. Was soll man darauf nur antworten? „Scheiße!“ „Mein Beileid“ oder „Oh..“ finde ich etwas doof. „Wie geht es nun weiter?“ fragte ich interessiert, mit hoffnungsvollen Unterton. „Viele Bronchoskopien, ohne Chemo und den ganzen Mist.“ war die Antwort.
In diesem Fall geht es um Frau P, eine Dame, Mitte vierzig und somit eigentlich total im Leben. Auch sie fahre ich bereits seitdem ich da bin. Was mich damals schon wunderte,war, dass sie nicht auf der Onkologie oder gar Palliativ lag sondern auf der normalen Station für Lungenerkrankte. Ihr Mann erkläre mal einer Kollegin, dass nichts gemacht wird außer eben diese Bronchoskopien. Ich fuhr sie sicher an die sieben mal nach unten zur besagten Untersuchung. Jedes mal , so erklärte sie mir, wurde ein Stück des befallenen Gewebes entfernt. Aber der Krebs streut weiter, unaufhaltsam. Das sagte sie damals ohne irgendwelche Deutung , also neutral , in der Stimme. Ich stand zu diesem Zeitpunkt hinter ihr und wusste einfach nicht, was ich sagen soll. Ich fragte nur geistesgegenwärtig :“Wie lange haben sie noch?“ und könnte mich eine Millisekunde danach dafür steinigen. Aber sie antwortete recht gefasst :“Man rechnet mit drei Monaten. Machen kann man nichts mehr.“ das sagte sie etwa Ende Mai zu mir.
Als ich sie eine lange Zeit nicht fuhr, dachte ich, sie sei bereits verstorben. Um so überraschter war ich, als ich sie an einem sonnigen Tag wieder fahren durfte. Ich fragte sie, wo sie war :“Wir waren an der Ostsee, auf Usedom. Wissen sie, dort ging es mir gut. Ich hatte keine Beschwerden. Aber nach zwei Wochen ging es doch bergab und wir brachen den Urlaub ab. Es war dennoch wundervoll.“ berichtete sie mit Freude in der Stimme. Während ich den Aufzug holte, fragte ich, ob sie bald wieder hinfahren werden. Sie meinte, dass sie dort Sterben will. Es sei für sie der tollste Ort auf der Erde.

Seither habe ich sie nie wieder gefahren.
Liebe Frau P, falls sie nicht mehr unter uns sein sollten, möchte ich ihnen noch was mitteilen: Sie waren eine starke, tolle Frau mit einem guten Sinn für Humor. Passen sie von oben gut auf die Insel auf.

Wenn sie noch unter uns sein sollten hoffe ich, dass wir uns dort mal begegnen.




Ich dachte mir, dass ich ab und zu mal ein paar Geschichten aus meinem Alltag posten könnte und somit eine neue Rubrik mache. Also könnt ihr gespannt auf neue, interessante Beiträge sein :)

Den Anstoß für diese Geschichte heute gab mir folgender Blog:

In diesem Blog geht es um Basti, ein junger Mann der an Krebs erkrankt. In dem Blog sind die Höhen und Tiefen seiner Erkrankung aufgeschrieben und man erfährt viel von ihm selber und seiner Familie, seinen Freunden.
Heute früh schlief Basti friedlich ein. Auch ich habe bereits einen Kommentar dazu geschrieben. Schaut mal rein und hinterlasst auch einen kleinen Kommentar.

Bis demnächst mal :) 

Freitag, 8. November 2013

Neuigkeiten aus dem normalen Wahnsinn

Lange hat man nichts von mir/uns gehört. Beide hatten wir viel um die Ohren, es gab viele Veränderungen die ich aber hier nicht erläutern mag, da sie mit den Themen des Blogs wenig zu tun haben ;)

Anfangs etwas lustiges, aber auch irgendwie trauriges. Wie ihr wisst, hatte ich ja mitte Juli, kurz nach unserem Tagestrip nach Berlin, einen Arbeitswegunfall. Wir dachten bis ca. Ende August, dass es sich um eine Bänderzerrung hatte. Aber stop, es stellte sich raus, dass ich einen fiesen Bruch im Mittelfuß hatte! Seit etwa 3 ½ Wochen arbeite ich aber wieder, alles hätte etwas eher klappen könnten, wenn man direkt ein MRT gemacht hätte. Aber wie sagt man... hätte, hätte, Fahrradkette!
Nach wie vor macht die Arbeit mir richtig Spaß. Es war Anfangs etwas schwer, nach gut drei Monaten Krankheit wieder ins Team einzusteigen, vor allem da wir viele Neulinge haben, aber nach den ersten wenigen Stunden ging es wieder und alles war wie vorher. Ich bin etwas traurig, dass ich dort „nur“ bis Ende März sein werde, da ich ja am 1.4.2014 die Ausbildung zur Krankenschwester beginne. In meinen letzten Monaten darf ich sogar öfters mal in den OP – ich freue mich schon sehr darauf! :)

Ich möchte euch mal ein wenig was aus meinem Alltag im Patientenbegleitdienst berichten und werde darüber in der nächsten Zeit immer mal ein wenig berichten. Dazu werden natürlich immer noch Reiseberichte ( Berlin, höhö ) folgen und auch Fotos vom Spotten am Gilead und anderen Orten in NRW – wir sind viel rumgekommen in den letzten Monaten, sogar bis an den Zipfel von NRW, nämlich Siegen.

Reden wir nicht lange um den heißen Brei rum sondern fangen direkt an. Ich dachte mir mal, ich könnte doch mal berichten, was mich Patienten und – leider gar – auch Kollegen gerne mal fragen. Bzw. was man meine Kollegen so fragt.

  1. Frage: Haben sie ( hast du ) eigentlich einen Schulabschluss ?
Ganz schwere Frage. Dazu i möchten eu was erzähle!
Ich ging gut zwölf Jahre auf die Walddorfschule und konnte neben meinen Namen auch die Namen meiner Familie tanzen. Nachdem die siebte Klasse um vierten mal wiederholen sollte, fand ich das schon etwas kacke und wollte arbeiten. Da dachte ich mir, dass Patientenbegleitdienst doch einfach klingt und man dafür sicher keinen IQ von 80 braucht, meiner liegt ja bei 59. Und so fing ich damit an..
Wollen die mich verarschen? Ernsthaft, ich finde das ist einer der schlimmsten Fragen! Patienten frage es meist – bei uns jungen Leuten – interessehalber nach ( „Es ist doch anstrengend, jeden Tag so viel zu laufen. Wollen sie nicht was anderes machen?“ ) aber dass es einen andere Kollegen aus der Pflege fragen, finde ich sehr traurig. Nur weil wir die „Deppen-Arbeit“ erledigen, für die sich die meisten Schwestern derweil zu fein sind – nämlich Patienten begleiten eben – sind wir nicht alle gleich doof. Ich selbst habe einen Realschulabschluss + Quali, alle anderen FSJler haben Abitur und wir haben auch studierte Leute ( Kaufmännisch, SozPäd, ..) im Team. Also sind wir nicht doof.

Frage 2: Sind die Arzt?
Find ich immer lustig, eben noch Walddorfschule mit Namen Tanzen und nun Arzt am OP-Tisch. Also dank der vielen Cremes, die ich verwende sehe ich sehr jung aus, das ist wahr. Ich habe bereits drei Doktortitel und operieren jeden Tag fleißig...also ich bin Arzt, in der Tat wohl.
Mal halblang hier, ich weiß, ich wirke älter als ich wirklich bin und meine Kasacktaschen erinnern mehr an die eines Arztes ( Kugelschreiber, Blöcke, Desi, Hubschrauberpins ) als an die von jemanden aus dem Begleitdienst. Aber bin ich deshalb direkt ARZT? NOTARZT?!? gröööhl
Finde es ja ganz süß, wenn ältere Damen mich fragen, ob ich die Visite nachher noch mache oder ob ich die OP denn durchführen würde. Ich muss sie da aber leider enttäusche, statt Visite am späten Nachmittag stehe ich am LRZ und fotografiere den orangen Hubi und statt im OP zu stehen, stehe ich wahrscheinlich unten am Landeplatz und trinke Kaffee mit einem meiner Lieblingspiloten :D Also, ich bin kein Arzt. Werde es auch eh' nie sein...

Frage 3: Was machen sie nach ihrem Jahr hier? / was hast du nach dem Jahr vor?
Die erste Fragestellung bezieht sich auf Patienten, mit denen man sich länger unterhält ( beim Warten auf den Aufzug, in der OP-Schleuse oder sonst wo ) und sich rausstellt, dass ich kein Arzt bin, sondern eben nur mein freiwilliges Jahr mache. Die zweite Fragestellung ist darauf bezogen, was die Kollegen der anderen Abteilungen gerne fragen. Ich erzähle meist beiden Seiten, dass ich zum 1.4.2014 bereits die Ausbildung zur Krankenpflegerin sicher habe und diese auch antreten werde. Weiteres sage ich Kollegen allerdings selten, man weiß ja nie, was wie wo wann geredet wird. Bei Patienten werde ich allerdings redseliger, man merkt, das da wirkliches Interesse hinter steckt und nicht dieses „Wie lange haben wir die noch an der Backe?“-denken der Schwestern/Ärzte/Ärzthelferinnen. Patienten erzähle ich gerne, dass ich die Ausbildung eher als Sprungbrett benutze und danach meinen Notfallsanitäter machen möchte. Einige Patienten wissen bereits von der Umänderung von Rettungsassistent auf Notfallsanitäter und stellen wirklich interessierte Fragen. Dann gehe ich auch weiter und berichte, dass ich in die Luftrettung möchte und mir auch vorstellen könnte, als Polizistin zu arbeiten, wenn all dies nicht klappt. Aber im Krankenhaus möchte ich – bis auf Notaufnahme, OP und Gyn – nicht arbeiten. Bekommt mal eine Schwester oder ein FSJ'ler ( die Bufdis sind irgendwie netter...) mit, kassiere ich ein paar doofe Sprüche bei der nächsten Begegnung. Die Ärzte hingegen finden es richtig cool.
Ich lasse mich von diesen Sprüchen allerdings nicht verbiegen oder mir irgendwas vermiesen. Ich weiß, es ist für ein Mädchen ein seltener Berufswunsch der auch sicher anstrengend ist..

Frage ( Bemerkung ) 4: Boooah du kennst den Piloten vom Hubschrauber!
Zeit für ein paar süße Sachen. Diesen oben genannten Satz brachte mal ein kleiner Junge raus, nachdem er sah, wie ich gemütlich mit dem Piloten am RTH stand und wir über alles mögliche am quasseln waren. Von Wetter über Familie, Beziehungen und Krankenhausessen. Ja, ich kenne den ein oder anderen Piloten derweil sehr gut – WIESO auch nicht? Dies finden einige Leute auch irgendwie belustigend. Weiß zwar nicht, was daran lustig sein sollte aber o.k. Ich finde es eher lustig, wenn mein Giesbert sich mault.
Lassen wir das mal etwas offen stehen.

Ich denke, das reicht für einen ersten Einblick. Bei Bedarf /Ideen werde ich dem sicher weitere Fragen hinzufügen. Also, bleibt gespannt :D Das ist der tägliche Alltag bei uns. Wir haben alle guten Humor und kommen gut miteinander klar. Ein Ausgleich zu den teilweise schlimmen Schicksalen, die man erlebt.

Ich denke mal, das reicht für heute ersteinmal. Ich weiß nicht, ob ich es nächste Woche schaffe, was zu schreiben, da ich Spätdienst habe. Das heißt, 8 uhr aufstehen, 20:15 nachhause kommen, duschen, ins Bett. Aber mal abwarten, es findet sich sicher die Zeit. Und wenn es halt schnell von Arbeit aus ist.



EEEEEENDLICH GESCHAFFT!!!! Christoph Westfalen & 13 Zeitgleich am Gilead I :)